Wurde der Nachlass vom Erblasser durch Schenkung an Dritte geschmälert, stellt sich oft die Frage, ob dem dadurch Benachteiligten ein sogenannter Pflichtteilsergänzungsanspruch zusteht.
- Maßgebend dafür, ob Schenkung oder Entgeltlichkeit vorliegt, ist nicht (nur) das objektive Wertverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, sondern (auch) der Wille der Vertragspartner .
- Bei besonders großem Wertmissverhältnis zwischen der Leistung des einen und der des anderen Teils wird in aller Regel, auch wenn die Vertragsparteien den Willen zur Entgeltlichkeit erklären, der wirkliche Wille übereinstimmend auf (mindestens teilweise) Unentgeltlichkeit gerichtet sein.
Nach ständiger Rechtsprechung ist die Bewertung von Leistung und Gegenleistung grundsätzlich Sache der Vertragsparteien. Zwar kann der Parteiwille eine gänzlich fehlende Gegenleistung nicht ersetzen und dadurch eine Schenkung vermeiden. Im Rahmen der Vertragsfreiheit steht den Vertragsparteien allerdings ein erheblicher Bewertungsspielraum zu, der seine Grenze erst bei einer willkürlichen Bemessung, das heißt bei einem „auffälligen, groben Missverhältnis“ findet. In einem jüngeren Urteil fragt der BGH danach, ob „zwischen Leistung und Gegenleistung ein objektives, über ein geringes Maß hinausgehendes Missverhältnis“ besteht, wohl aber ohne die Missverhältnis-Grenze relativieren zu wollen.
Pflichtteilsfest sind jedoch solche Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmende Rücksicht entsprochen wurde.
Peter Lesch
Rechtsanwalt u. Dipl.-Kfm.
Fachanwalt für Erbrecht