Bei der Beurteilung der Frage, ob psychische Beeinträchtigungen infolge des Unfalltodes eines nahen Angehörigen eine Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB darstellen und damit vom Unfallverursacher auszugleichen sind, ist zunächst maßgeblich, ob die psychischen Beeinträchtigungen auf die direkte Beteiligung des „Schockgeschädigten“ an dem Unfall oder das Miterleben des Unfalls zurückzuführen sind oder ob sie durch den Anblick des Unfallopfers oder den Erhalt der Nachricht von dem Unfall ausgelöst wurden.

Eine durch ein Unfallgeschehen ausgelöste, traumatisch bedingte psychische Störung von Krankheitswert kann eine Gesundheitsverletzung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB darstellen.  Eine organische Ursache ist nicht vorausgesetzt, es genügt die hinreichende Gewissheit, dass die psychisch bedingte Gesundheitsschädigung ohne die Verletzungshandlung nicht aufgetreten wäre.

Im Bereich der sog. Schockschäden reicht es jedoch nicht aus, dass sie zu Störungen der physiologischen Abläufe führen und für die körperliche Befindlichkeit medizinisch relevant sind. Vielmehr können die psychischen Beeinträchtigungen infolge des Todes eines  nahen Angehörigen nur dann als Gesundheitsverletzung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB angesehen werden, wenn sie pathologisch fassbar sind, also Krankheitswert haben, und über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgehen, denen Hinterbliebene bei der Benachrichtigung vom tödlichen Unfall eines Angehörigen erfahrungsgemäß ausgesetzt sind.

Ein relevantes Krankheitsbild ist immer dann gegeben, wenn infolge des Unfalls ein in einem der gängigen Diagnoseschlüssel (ICD-10, DSM IV oder DSM V) umschriebenes psychisches Krankheitsbild eingetreten ist, z.B. eine akute Belastungsreaktion im Sinne der ICD-10 F 43.9 G.

Nach der Rechtsprechung des BGH liegt die Haftung des Schädigers für psychische Folgen beim Angehörigen nahe bzw. näher, wenn der Angehörigen das Unfallgeschehen direkt miterlebt hat. Letztendlich sind die psychischen Folgen aber durch ein traumatologisches Gutachten zu bestimmen.

Jessica A. Gralher
Rechtsanwältin